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Jeder liebt den Verrat, aber niemand den Verräter

Wie Unternehmen rechtstreues Verhalten ihrer Mitarbeiter sicherstellen können, ohne dabei selbst rechtliche Grenzen zu übertreten

Wiesbaden, 02. März 2015

© SpringerMit seinen NSA-Enthüllungen wurde Edward Snowden zum Symbol des modernen Whistleblowers – letzte Woche gewann Laura Poitras‘ Porträt über ihn den Oscar für den besten Dokumentarfilm. Aufgrund zunehmender Compliance-Vorschriften werden interne Hinweisgeber wie Snowden für Unternehmen immer wichtiger. Dennoch gelten Missstände aufdeckende Mitarbeiter in den Firmen oft als „Nestbeschmutzer“, während sie in der Gesellschaft zu Volkshelden werden, die auf Datenschutzskandale und fragwürdige Maßnahmen der Mitarbeiterüberwachung aufmerksam machen. Das Dilemma für die Unternehmen sind die unzureichenden rechtlichen Regelungen, sagt Lena Rudkowski im Interview mit dem Wissensportal Springer für Professionals: „Was als Compliance-Verstoß einzuordnen ist, ist schon nicht leicht festzustellen – besonders schwierig aber ist es, Maßnahmen, die zur Aufdeckung führen sollen, auf Rechtmäßigkeit hin zu bewerten.“ Mit Alexander Schreiber erläutert die Expertin in ihrem Springer Gabler-Buch Aufklärung von Compliance-Verstößen, wie Unternehmen die Balance zwischen Compliance und Arbeitnehmerrechten finden und ein effektives Vorwarn-System für Fehlentwicklungen implementieren können.

Bei einer aktuellen Umfrage von Freshfields Bruckhaus Deringer und Censuswide gab mehr als die Hälfte der weltweit befragten 2.500 Manager an, keine bestehenden Whistleblowing-Strukturen zu haben oder diese intern nicht bekannt gemacht zu haben. „Für Unternehmen ist bei der Einführung eines solchen Systems die größte Herausforderung, einerseits die Mitarbeiter zur Nutzung zu motivieren, andererseits aber Exzesse zu vermeiden und ein Klima gegenseitigen Vertrauens beizubehalten“, kommentiert Lena Rudkowski dieses Zögern. Auf der einen Seite müsste ein Unternehmen Rechtsbrüche seiner Arbeitnehmer aufklären und ahnden. Zugleich aber dürfe es bei diesem Bemühen nicht selbst rechtsbrüchig werden – etwa gegen das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) verstoßen. Aufgrund großer Rechtsunsicherheit seien die Compliance-Systeme häufig noch lückenhaft.

Dass der Arbeitgeber bei der Überprüfung durch zu strenge Kontrollmaßnahmen selbst rechtsbrüchig wird, lässt sich nach Meinung der Autorin aber vermeiden. Zentral sei, dass eine neutrale Instanz eingehende Hinweise vertraulich behandelt und ihnen unabhängig nachgeht – mithilfe einer klaren Arbeitnehmerkommunikation unter Einbindung des Betriebsrats. Welche Kontrollmaßnahmen in der Schlussfolgerung erforderlich sind, hänge letztendlich vom Unternehmen ab – zum Beispiel von der Vertraulichkeit der bei ihm verarbeiteten Daten, der Sensibilität des Geschäftsfeldes sowie der Unternehmensgröße und Führungskultur. Wurde ein Compliance-Verstoß aufgedeckt, gelte es, eine verhältnismäßige Reaktion auf die Pflichtverletzung zu finden: „Das kann heißen, sich von Arbeitnehmern zu trennen – es kann aber auch genügen, die Pflichtverletzungen durch eine Abmahnung deutlich vor Augen zu führen.“ Neben den individualarbeitsrechtlichen Folgen gehe es dabei immer auch um einen ehrlichen Blick aufs große Ganze: „Wenn es betriebliche Abläufe oder Strukturen gibt, die die Begehung des Compliance-Verstoßes begünstigt haben, müssen sie identifiziert und verändert werden.“ Trotz der unsicheren Rechtslage lohnen sich diese Bemühungen, so Rudkowskis Fazit: „Nobody‘s perfect – aber ein Compliance-System, das effektiv und reibungslos läuft, lässt sich mit Sachkunde und Engagement in jedem Unternehmen installieren.“

Professor Dr. iur. Lena Rudkowski ist Juniorprofessorin für Bürgerliches Recht, Arbeits- und Versicherungsrecht an der Freien Universität Berlin.

Dr. iur. Alexander Schreiber ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht, Anwaltsrecht, Familienrecht und Rechtssoziologie an der juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin.

Lena Rudkowski | Alexander Schreiber
Aufklärung von Compliance-Verstößen
Whistleblowing, Arbeitnehmerüberwachung, Auskunftspflichten
2015, 179 S., 20 Abb.
Hardcover € 34,99 (D) | € 35,97 (A) | sFr 44.00 (CH)
ISBN 978-3-658-07044-1
Auch als eBook verfügbar

Bild: Coverabbildung des Buchs Aufklärung von Compliance-Verstößen von Springer Gabler | © Springer

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