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Organisationsberatung, Supervision, Coaching - Call for Papers: New Learning und die Zukunft der Personalentwicklung: Neue Wege für Mitarbeitende und Organisationen

Die Arbeitswelt verändert sich rasant, was Organisationen und Mitarbeitende vor die Herausforderung stellt, sich kontinuierlich anzupassen und weiterzuentwickeln. Konzepte wie „New Work“ prägen zunehmend die Gestaltung von Arbeit (Schermu-ly 2019), doch die Auswirkungen auf Organisationen und Mitarbeitende bleiben weiterhin unklar (Barley et al., 2017). In dieser dynamischen Arbeitswelt wird ar-beitsbezogenes Lernen immer zentraler (Graßmann und Decius 2023), da Mitarbei-tende sich flexibel auf neue Anforderungen einstellen müssen. Gleichzeitig werden langfristige Anstellungen und klassische Karrierewege seltener (Dries und Peper-mans 2007), was die systematische Begleitung langfristiger Lernprozesse seitens der Organisation erschwert und deren Erleben für die Mitarbeitenden unwahrscheinli-cher macht. Mitarbeitende befinden sich auf individuellen Lernpfaden (Mehner et al. 2024; Kauffeld und Paulsen 2018), und es bleibt offen, wie Organisationen Lern-prozesse gestalten können, um Mitarbeitende in dieser Umgebung weiterhin zu för-dern, strategische Ziele der Organisation zu integrieren, und wie sich die Verant-wortlichkeiten darin neu verteilen.

Aus diesen Veränderungen heraus ist das Konzept „New Learning“ entstanden. New Learning kann verstanden werden als eine Betonung der Eigeninitiative als Ausgangspunkt des Lernprozesses, bei dem Lernende das lernen, für was sie sich wirklich interessieren (Decius et al. 2022). In diesem Prozess müssen Lernende eine hohe Gestaltungsmotivation für ihre eigene Karriere mitbringen und psychologisch empowert sein (also Bedeutsamkeit, Kompetenz, Selbstbestimmung und Einfluss in Bezug auf ihre Arbeit erleben; Spreitzer 1995) – das ist die Voraussetzung dafür, dass sie Lerngelegenheiten entdecken und dazu passende Lernansätze auswählen, um subjektiv wertvolle Lernergebnisse und persönliches Wachstum zu erreichen (Decius et al. 2022). Es stellt sich dann allerdings die Frage, wie dies mit der strate-gischen Personalentwicklung in Einklang gebracht werden kann, da die Ziele der Organisation hier nicht explizit berücksichtigt werden und unklar bleibt, welche Rol-le die Organisation dabei trägt und wie sie Mitarbeitende unterstützen kann.

New Learning betont nicht alleinig die Eigeninitiative der Mitarbeitenden, son-dern auch, dass sie das Lernen als sinnhaft erleben und das Lernen die Teilhabe an der Gemeinschaft ermöglicht (Foelsing und Schmitz 2021). Die zugrundeliegenden Lernprozesse sind daher geprägt von Selbstbestimmung, Bedeutsamkeit, Co-Creation und dem Streben nach Wirksamkeit, wodurch eine enge Verbindung zum Konzept New Work entsteht (Foelsing und Schmitz 2021). Dies wirft die Frage auf, ob psychologisches Empowerment eine Voraussetzung für New Learning darstellt (wie bei Decius et al. 2022), ob es ein zentrales Merkmal von New Learning selbst ist (Foelsing und Schmitz 2021) oder ein wertvolles Ergebnis, das gleichermaßen für Mitarbeitende und Organisationen von Interesse ist und durch New Learning er-reicht werden kann.

Um sinnstiftendes Lernen zu fördern, darf der Fokus nicht allein auf oberflächli-chem Wissens- und Kompetenzerwerb liegen. Vielmehr geht es darum, eigene Wert-haltungen zu verstehen, Reflexionsfähigkeit zu entwickeln und tiefgreifende Lern-prozesse zu ermöglichen. Dies ist eng mit den Prinzipien von New Work verbunden, das nicht nur auf die Neugestaltung von Arbeitsstrukturen abzielt, sondern auch auf die persönliche Weiterentwicklung und Sinnfindung von Mitarbeitenden. Während formale Ansätze wie Trainings oft auf den Ausbau konkreter Fähigkeiten, Fertigkei-ten und Wissensaufbau fokussieren, wird dabei häufig das grundsätzliche Überden-ken bestehender Systeme vernachlässigt – ein Ansatz, der im Sinne von New Work zentral ist und auch für New Learning entscheidend sein sollte. 

Beim New Learning wird zudem ein starker Fokus auf das soziale Lernen gelegt (Decius et al. 2022; Kortsch et al. 2021). Daraus ergibt sich die Frage, ob hierfür neue Lernformate und -methoden notwendig sind oder ob die Idee von New Learn-ing auch mit bestehenden Lernformaten realisiert werden kann. Ein interessanter Aspekt in diesem Zusammenhang ist sicherlich auch, wie Digitalisierung und speziell Künstliche Intelligenz neue Möglichkeiten für das soziale Lernen bieten könnten (siehe auch Themenschwerpunkt Digitalisierung, OSC-Heft 3/2024). Eine zentrale Herausforderung besteht darin, unterschiedliche Lernansätze miteinander zu ver-knüpfen, die komplexen Zusammenhänge zu verstehen und diese in Organisationen effektiv zu managen.

Mögliche Fragestellungen

Dieser Themenschwerpunkt soll sich mit der Frage beschäftigen, wie Mitarbeitende in unserer aktuellen Arbeitswelt am besten lernen und wie eine zukunftsfähige Personalentwicklung und Beratungspraxis dafür aufgestellt sein müssen. Mögliche, aber nicht abschließende Fragestellungen hierzu sind:

  • Wie verändert das Konzept New Learning die Lernprozesse von Mitarbeitenden, Organisationen und Berater:innen?
  • Welche neuen Lernansätze und -themen resultieren daraus?
  • In welcher Weise ergänzen und verstärken sich die Konzepte von New Work und New Learning?
  • Welche Rolle spielt psychologisches Empowerment im Kontext von New Learn-ing und wie kann es gefördert werden?
  • Wie können Mitarbeitende darin unterstützt werden, eigeninitiativ zu lernen?
  • Wie können Organisationen die langfristige Entwicklung ihrer Mitarbeitenden fördern, auch wenn diese möglicherweise nur temporär bei ihnen bleiben?
  • Wie lässt sich der eigenverantwortliche Lernprozess der Mitarbeitenden mit der strategischen Personalentwicklung vereinbaren und welche Maßnahmen sollten Personalentwickler:innen ergreifen?
  • Wie können Beratungsprozesse gestaltet werden, die das Konzept von New Learning fördern und integrieren?
  • Wie kann tiefgreifendes Lernen erfasst und unterstützt werden, das über bloße Kompetenzoptimierung hinausgeht und grundlegende Veränderungsprozesse umfasst?
  • Auf welche Weise können Organisationen die Reflexion ihrer Mitarbeitenden anstoßen, um eine kritische Auseinandersetzung mit eigenen Werten und Einstel-lungen zu fördern?
  • Welche Formate können das soziale Lernen effektiv in den Mittelpunkt stellen und wie lassen sich diese in die bestehende Praxis integrieren?
  • Welchen Einfluss haben kulturelle Gegebenheiten auf Beratungsprozesse im Kontext von New Learning und wie können diese berücksichtigt werden?

Die OSC wendet sich an praktisch interessierte Wissenschaftler:innen und wissenschaftlich interessierte Praktiker:innen. Das Themenheft lädt empirische und/oder theoretische Hauptbeiträge, Praxisberichte und Fallstudien sowie Diskurs-Beiträge zu den oben genannten Themenfeldern ein. Genauere Hinweise zu den verschiedenen Beitragsarten finden sich in den Autorenhinweisen.

Die Frist für die Einreichung von Beiträgen für das Themenheft „New Learning“ ist der 01.04.2025.

Kontakt: Prof. Dr. Carolin Graßmann, VICTORIA Internationale Hochschule Berlin, E-Mail: carolin.grassmann@victoria-hochschule.de


Literatur

Barley, S. R., Bechky, B. A., & Milliken, F. J. (2017). The changing nature of work: Careers, identities, and work lives in the 21st century. Academy of Management Discoveries, 3(2), 111–115.

Decius, J., Kortsch, T., Paulsen, H., & Schmitz, A. (2022). Learning what you really, really want: Towards a conceptual framework of New Learning in the digital work environment. Proceedings of the 55th Hawaii International Conference on System Sciences, 5231–5240.

Dries, N., & Pepermans, R. (2007). “Real” high‐potential careers: An empirical study into the perspectives of organisations and high potentials. Personnel Review, 37(1), 85-108.

Foelsing, J., & Schmitz, A. (2021). New Work braucht New Learning: Eine Perspektivreise durch die Transformation unserer Organisations- und Lernwelten. Wiesbaden: Springer Gabler.

Graßmann, C., & Decius, J. (2023). Self-development in the twenty-first century: An exploratory analysis of the relationship between new work characteristics and informal workplace learning. Gruppe. Interaktion. Organisation. Zeitschrift für Angewandte Organisationspsychologie, 54(3), 289-299.

Kauffeld, S., & Paulsen, H. (2018). Kompetenzmanagement in Unternehmen: Kompetenzen beschreiben, messen, entwickeln und nutzen. Stuttgart: Kohlhammer.

Kortsch, T., Decius, J., & Paulsen, H. (2021). „New Learning“: Wie sich das Lernen bei der Arbeit verändert. Wirtschaftspsychologie aktuell, 2021(1), 44-48.

Mehner, L., Rothenbusch, S., & Kauffeld, S. (2024). How to maximize the impact of workplace training: A mixed-method analysis of social support, training transfer and knowledge sharing. European Journal of Work and Organizational Psychology, 1-17.

Schermuly, C. C. (2019). New Work – Gute Arbeit gestalten: Psychologisches Empowerment von Mitarbeitern. Freiburg: Haufe.

Spreitzer, G. M. (1995). Psychological empowerment in the workplace: Dimensions, measurement and validation. Academy of Management Journal, 38(5), 1442–1465.



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