Herbert Giersch. Gesammelte Schriften

In den "Gesammelten Schriften" von Herbert Giersch (1921-2010) wird dessen außergewöhnlich breites und tiefes, politisch wirkmächtiges ökonomisches Werk für die moderne Forschung erschlossen und zugänglich gemacht. Thematisch lassen sich in seinem wissenschaftlichen Werk drei große Schwerpunkte identifizieren, die sämtlich in der makroökonomischen Sphäre zu verorten sind, zugleich aber ein mikroökonomisches Verständnis sowie eine philosophische und ethische Fundierung voraussetzen: Außenwirtschaftstheorie, Regionalökonomik und Wirtschaftsintegration; Konjunktur- und Wachstumspolitik, die Ziele von Preisniveaustabilität und außenwirtschaftlicher Stabilität; weltwirtschaftliche Entwicklung.

Auf allen diesen Feldern entwickelte Giersch neue Konzepte vor dem Hintergrund der jeweiligen wirtschaftlichen Herausforderungen in Deutschland und Europa, beispielsweise der Ölkrise und des Zusammenbruchs des Bretton-Woods-Systems. Auf dem Weg über die Politikberatung gewannen diese Konzepte erheblichen Einfluss auf die Wirklichkeit – von der „konzertierten Aktion“, der von Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller in die Praxis umgesetzten Strategie einer Bekämpfung der Inflation durch Lohnzurückhaltung bei gleichzeitiger Stabilitätsorientierung von Geld- und Fiskalpolitik, über das keynesianische Gegensteuern gegen die Rezession bis hin zur „angebotsorientierten Wirtschaftspolitik“.

Der langjährige Präsident des Instituts für Weltwirtschaft Kiel, nachhaltig stilprägendes Gründungsmitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der wirtschaftlichen Entwicklung, ließ sich keiner festgefügten Denkschule zuordnen. Er war pragmatisch, nicht dogmatisch. Dabei war Giersch aber stets ein Anwalt der offenen Weltwirtschaft, ein Vordenker der heutigen Globalisierung. Er interpretierte den möglichst freien Welthandel als Ermöglicher eines Prozesses der Wissensmehrung und der „schöpferischen Zerstörung“, der im Zuge des Aufholens von Entwicklungsländern auch den ärmeren Teilen der Welt zugutekommt.